Interview
mit Bernhard Fibich
Schau-TV - Kurier News 03/2020 - Live im
Kurier-Studio bei Caroline Ferstl
Haben Sie schon als Kind musiziert?
B.F.: Ja, natürlich. Ich
habe mit acht Jahren meine erste Gitarre zu Weihnachten geschenkt
bekommen.
Dabei hatte ich sie unter dem Christbaum zunächst gar
nicht entdeckt. Das erste Musikstück habe ich noch'
am selben Tag
von meinem Vater gelernt:
Stille Nacht. Überhaupt war mein Vater (Heinz Fibich - ein
Jazzmusiker und Clown) sozusagen mein
"Lehrmeister" bis ins Erwachsenenalter hinein. Mein
Studium habe ich mir mit unzähligen Auftritten
als Bassist in
seinen diversen Bands verdient.
Warum wird man Kinderliedermacher?
B.F.: Ich wurde Kinderliedermacher durch
meine eigenen 3 Kinder. Als meine mittlerweile längst erwachsenen
Kinder ins
Kindergartenalter kamen - das war Ende der 80er-Jahre - war das Bedürfnis
da, für die eigene
Familie und den Hausgebrauch Lieder zu
schreiben. So hat das begonnen. Bald haben auch andere Eltern
nach den Liedern verlangt - und Konzertangebote hat es auch
gleich gegeben. Binnen weniger Wochen war
klar, dass ich das auch
hauptberuflich machen möchte. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich ja AHS-Lehrer.
So
habe ich 1991 den Lehrberuf aufgegeben und bin seither nur noch mit meinen
Liedern unterwegs.
Aber ohne das damalige tägliche Leben mit meinen Kindern,
ohne diese Erfahrungen, die alle Eltern machen,
ohne diese Sorgen, Nöte, aber
auch Freuden und "Hoch"-Stimmungen, wäre ich nie auf die Idee gekommen,
all die
Geschichten musikalisch zu erzählen. Ich hätte ja keine Ahnung!
Würden Sie einen anderen Beruf wählen, wenn Sie nochmals die
Wahl hätten?
B.F.: Niemals! Ich mache
genau das, was ich immer machen wollte: Musik - und das noch dazu
für ein
großartiges Publikum. Ich kann mir keinen schöneren
Beruf vorstellen, als Kindern und Eltern Freude zu bereiten.
Was unterscheidet Kinder als Zuhörer von Erwachsenen?
B.F.: Vieles, das
sich in wenigen Worten kaum ausdrücken lässt. Kinder sind außerordentlich
begeisterungsfähig
und spontan in ihren Reaktionen.
Das ist für den Künstler auf der Bühne eine wunderbare Situation aber auch eine
große Herausforderung.
Gleichzeitig muss ich mit
großer Behutsamkeit und Umsichtigkeit agieren. Kinderseelen sind
so leicht verletzbar.
Ich fühle eine große Verantwortung für
die Kinder, die z.B. auf der Bühne bei mir etwas vorsingen oder
vorzeigen.
Es soll ja ein positives Erlebnis für das Kind sein,
einen Applaus zu bekommen, bewundert zu werden.
Keinesfalls darf
man sich auf Kosten der Kinder lustig machen und billige Lacher
einholen.
Das ist eine große Gefahr. Ich versuche einfach den
Kindern großen Respekt und Achtung entgegen zu
bringen.
Für welche Altersgruppe singen und spielen Sie Ihre Musik?
B.F.: Ich spiele für
Kinder von 3-11 Jahren - also für Kinder im Kindergarten- und
Volksschulalter.
Es kommen aber immer wieder Eltern zu mir, die
mir sagen, dass auch ihre 2-jährigen Kinder bei den
Bewegungsliedern so gerne mitmachen. Ich sehe das auch bei den
Konzerten. Es ist manchmal wirklich lieb,
wenn "ganz
kleine" Zuhörer von nicht einmal 20 Monaten mein
Bühnenstockerl erklimmen und
dort zwar nichts sagen oder tun -
einen Applaus jedoch sicher haben. Das sind dann die wirklichen
Sternstunden und Höhepunkte eines Konzertes.
Besonders gern und oft spiele ich übrigens auch in Einrichtungen
für Kinder und auch Erwachsene
mit besonderen Bedürfnissen -
also z.B. in sonderpädagogischen Zentren und
Integrationskindergärten.
Ein Trampolin im Badezimmer, Straßenbahn fahren und Lumpi
unser Hund -
Sie erreichen Kinder mit Ihren Liedern und Geschichten - haben
Sie das Kind in sich bewahrt?
B.F.: Ein Tontechniker,
mit dem ich vor Jahren einmal aufgenommen hatte, meinte zu meinen
Liedern,
sie gefallen ihm, weil er ja selbst einmal ein Kind war.
Es täte uns wohl allen gut, das Kind in uns nicht zu vergessen.
Nicht nur bei den Konzerten eines Kinderliedermachers. Eltern,
die in meinen Konzerten sitzen,
sollen angeblich auch manchmal
den Wunsch haben, auf die Bühne zu kommen und mitzuspielen..
Aus eigener Erfahrung
weiß ich - dass Kinder Ihre Texte nach kurzer Zeit begeistert
auswendig mitsingen.
Woher beziehen Sie ihre Texte - haben Sie Kinder als Ghostwriter?
B.F.: Nun, es gibt ein paar
Lieder, bei denen meine jüngste Tochter auch tatsächlich mitgeschrieben hat.
Ansonsten versuche ich mit offenen Augen durch den Alltag einer Familie zu gehen und die Geschichten und Worte
aufzunehmen, mir zu merken, was da alles
passiert.
Überdies bin ich mittlerweile ja auch schon Großvater.
Das Leben mit Kindern ist so spannend und täglich an Überraschungen
reich.
Da kann einem der Stoff niemals ausgehen.
Mit Ihren Liedern
vermitteln Sie gute traditionelle Werte der Nächstenliebe, der
Hilfsbereitschaft,
Respekt usw. - sind das die Themen die Ihnen wichtig sind?
B.F.: Sicher, aber ich mache das nicht
mit erhobenem Zeigefinger sondern mit einer großen Portion
Humor und auch
Selbstironie. Ich will sicher kein dozierender
Erwachsener in der weltverbessernden
Liedermacherpose sein. Ich versuche mit den Augen der Kinder die Welt
anzusehen -
natürlich als Erwachsener, der das Ende des Liedes
kennt, und dazu hinführen kann -
aber behutsam und ohne Angst zu
verbreiten.
Haben es Kinder heute schwerer als früher?
B.F.: Diese Frage kann ich nicht
so leicht beantworten, weil das doch regional unterschiedlich ist,
wenn ich z.B.
an die Situation von Kindern denke, die in
Kriegsgebieten aufwachsen müssen
oder auf der Flucht sind. Hier bei uns in Österreich
bzw. in den hoch entwickelten Industriestaaten
ist aber
sicher auch ein gewisser Verlust von Kindheit festzustellen, wie
ich sie selbst noch in den 60ern
und 70ern mit den Dorfkindern im Waldviertel erlebt habe. Die
Fußballspiele auf irgendeiner Wiese
in der Abenddämmerung, die grenzenlose Freiheit beim Baumkraxeln. Einfach die
Unbeschwertheit -
wenig Fernsehen, keine Computerspiele dafür viel Bewegung an der frischen Luft.
Das klingt vielleicht altmodisch - ist aber genau das, was Kinder eigentlich
brauchen.
Möglicherweise gibt es davon heute - hier bei uns - weniger. Sicher ist wohl,
dass Kinder
heute in mehr Zwängen stecken als früher, und dass sie auch dem Frontalangriff
der Werbung
und der Medien ausgesetzt sind. Das kann einer kleinen Kinderseele nicht gut
tun.
Empfehlen Sie
musikalische Früherziehung für Kinder?
B.F.: Wenn das eine
spielerische Form ist, die auf der absoluten Freiwilligkeit von
Seiten
des Kindes beruht, dann ja.
Wie gesagt: Es sollte meiner Meinung nach im Tagesablauf eines Kindes genügend Zeit für
einfaches und freies Spielen zur
Verfügung stehen - ohne Zwang, ohne Termindruck und auch
ohne
sozusagen pädagogisch verordneten Input. Sich eigenverantwortlich und
vielleicht auch
für einige Zeit nicht direkt beaufsichtigt frei bewegen zu
können,
ist für die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes ungemein wichtig.
Was halten Sie von den Strömungen heutiger Popularmusik, z.B. von Techno,
Hip-Hop,
Independent, Drum&Bass, Ethno, Heavy Metal, Raggae...
B.F.: Das ist eine wilde
Mischung, so wie Sie das jetzt aufgezählt haben. Prinzipiell
höre ich jede
Musik gerne, die ehrlich gemeint ist. Und da gibt
es eben eine große Bandbreite an Stilen und
Gattungen. Ich muss
aber zugeben, dass ich als Ausgleich zu meinen Konzerten gerne
erdige
Rockmusik höre. z.B. Stones, Joe Cocker, Jimmy Hendrix - naja. das ist eben meine wilde Seite.
Auch den heutigen Rappern
kann ich einiges abgewinnen.
Seit einiger Zeit höre ich aber auf der Fahrt zu den Auftritten
sehr viel Mozart -
z.B die Klavierkonzerte, gespielt von
Friedrich Gulda.
Da kann ich hören und staunen.
Haben Sie mit 14 Jahren in einer Band gespielt?
B.F.: Nein,
ich wollte auch eigentlich immer ein Solist sein - allein mit
meiner Gitarre.
Mit fünfzehn, sechzehn Jahren habe ich aber neben
der Schule begonnen im Ensemble
meines Vaters aufzutreten. Das
war sicher etwas anderes, als in einer Rockband zu spielen.
Wir
machten damals professionell Tanzmusik auf Bällen und
Hochzeiten, spielten
unzählige Modeschauen, Cocktailparties...
Da lernt man viel
als junger Bursch mit 16, 17 Jahren.
Wenn du schon mal beim Heurigen gespielt
hast, wenn du um 4 Uhr früh die 3.Zugabe
in einem Ballorchester gegeben hast,
dann kann dich das wildeste Kinderkonzert am
Faschingdienstag auch nicht
erschüttern.
Diese Zeit im Trio und Quartett meines Vaters war für mich eine
wichtige Schule und eine Erfahrung,
die mir heute das nötige Standing auch in
schwierigen Situationen gibt.
Wie würden Sie den Begriff "Erziehung" definieren?
B.F.: Ich würde sagen,
Erziehung ist eine große Verantwortung, die man im Dienst
eines
Menschen übernimmt, den man liebt. Erziehung hat für mich das
große Ziel,
das eigene Kind auf seinem Weg zu einem freien und
selbstverantwortlichen Menschen
unterstützend zu begleiten. Das
ist eine der schwierigsten Aufgaben, die man sich vorstellen
kann.
Was können wir unseren Kindern als wertvollstes Vermächtnis
mitgeben?
B.F.: Respekt und Toleranz
gegenüber den Mitmenschen, die Liebe zur Natur, die Bereitschaft
den Armen und Schwachen zu helfen und unser gelebtes Beispiel in
diesem Sinne.
Denn Kinder lernen nur durch das, was wir ihnen
vorleben.
Wenn ich Sie in zehn Jahren wieder interviewe - welche Ihrer
Wünsche sollten bis
dahin in Erfüllung gegangen sein?
B.F.: Dass meine
drei erwachsenen Kinder mit ihren Partnerinnen und Partnern, mit ihren
Familien und eigenen Kindern glücklich
werden und weiterhin lebensfrohe und gesunde
Menschen bleiben - und dass sie
ihren eigenen Weg
mit Mut und Selbstvertrauen weiter gehen können.
________________________________________